Es ist faszinierend zu beobachten, wie hartnäckig sich bestimmte Regelirrtümer in unserem kollektiven Bewusstsein halten. Ein Paradebeispiel hierfür ist der sogenannte "Ball-gespielt"-Mythos, der im Fußball immer wieder für hitzige Diskussionen sorgt.

Warum haftet dieser Fehlglaube so hartnäckig an? Vielleicht liegt es daran, dass der Fußball, wie das Leben selbst, von Wiederholungen lebt.

In diesem Sinne lohnt es sich, sich erneut mit diesem Thema zu befassen und die verborgenen Wahrheiten hinter dem vermeintlichen Regelirrtum ans Licht zu bringen. (Beitrag aus Juli 2021, Thema: Ich hab doch nur den Ball gespielt)

In der Welt des Fußballs herrscht oft die irrige Vorstellung vor, dass das Streicheln des Balles eine Art juristische Immunität gewährt. Diese absurde Überzeugung scheint sich tief in den Köpfen der Beteiligten festgesetzt zu haben, als hätten sie eine kollektive Amnesie für die tatsächlichen Regeln entwickelt.

Das Märchen vom "Ball-Gespielt" führt dazu, dass der Ballkontakt als eine Art Schutzschild gegen die strengen Regeln angesehen wird. Es ist, als ob der Schiedsrichter plötzlich seine Brille verliert und nicht mehr zwischen einem harmlosen Tätscheln des Balls und einem klaren Foulspiel unterscheiden kann, weil selbst ein minimaler kontakt mit dem Ball für jedweden Körperkontakt einen Generalpardon erteilt.

Jedes Mal, wenn es nach einem Foulspiel zu einem Freistoß oder einem Strafstoß kommt, oder wenn die Gelbe oder Rote Karte gezückt wird, wird das Mantra des "Ball-Gespielt" beschworen. Als würden die Spieler und Trainer glauben, dass das Wort "Ball" eine magische Wirkung auf die Unparteiischen hat.

Doch die Realität bleibt hartnäckig. Trotz der kollektiven Halluzination der Beteiligten gibt es keine Regel, die besagt, dass das Berühren des Balls jegliches Foulspiel ungeschehen macht.

Es ist höchste Zeit, diese Illusion zu durchbrechen und den Beteiligten klarzumachen, dass der Schiedsrichter ausschließlich den Kontakt selbst bewertet, unabhängig davon, ob der Ball dabei eine Rolle spielt oder nicht. Es ist, als müsste man einem Kind erklären, dass der Weihnachtsmann nicht wirklich existiert - eine bittere Pille für jene, die sich in ihrem eigenen Märchen verloren haben.


Regel 12,1  Direkter Freistoß

 

Ein direkter Freistoß wird gegeben, wenn ein Spieler eines der folgenden Vergehen gegenüber einem Gegner nach Einschätzung des Schiedsrichters fahrlässig, rücksichtslos oder übermäßig hart begeht:

  • Rempeln
  • Anspringen
  • Treten oder versuchtes Treten
  • Stoßen
  • Schlagen oder versuchtes Schlagen (einschließlich Kopfstößen)
  • Tackling mit dem Fuß (Tackling) oder Angriff mit einem anderen Körperteil (Angriff)
  • Beinstellen oder versuchtes Beinstellen

Ein Vergehen mit Körperkontakt wird mit einem direkten Freistoß geahndet.

  • „Fahrlässig“ bedeutet, dass ein Spieler unachtsam, unbesonnen oder unvorsichtig in einen Zweikampf geht. Es ist keine Disziplinarmaßnahme erforderlich.
  • „Rücksichtslos“ bedeutet, dass ein Spieler die Gefahr oder die Folgen für einen Gegner außer Acht lässt. Ein solches Vergehen ist mit einer Verwarnung zu ahnden.
  • Übermäßig hart“ bedeutet, dass ein Spieler mehr Kraft einsetzt als nötig  und/oder die Gesundheit eines Gegners gefährdet. Ein solches Vergehen ist mit einem Feldverweis zu ahnden.

[...]

 

Anmerkung der Redaktion: Gemäß den Bestimmungen des Fußballregelwerks wird das Foulspiel nicht eigenständig definiert, sondern sämtliche Verstöße werden unter der Rubrik "Direkter Freistoß" subsumiert. Sollte ein Vergehen im Strafraum stattfinden, wird anstelle eines direkten Freistoßes ein Strafstoß verhängt.

 

Wie dem obigen Auszug aus den Regeln zu entnehmen ist, obliegt es dem Schiedsrichter bei einem Kontaktvergehen - typischerweise bezieht sich dies auf das Tackling mit dem Fuß - allein zu entscheiden, ob der Kontakt fahrlässig, rücksichtslos oder übermäßig hart war. Die Berührung des Balls ist in diesem Zusammenhang gemäß den Regelungen irrelevant.


Eine umfassendere Betrachtung dieses Themas verdeutlicht, dass die Faszination für das "Ball-Gespielt" nicht nur ein Phänomen des Fußballs ist, sondern auch in anderen Bereichen des Lebens zu finden ist. Es ist ein Beispiel für die menschliche Neigung, sich in Illusionen zu verlieren und die Realität zu verzerren, um sich selbst zu schützen oder um bestimmte Handlungen zu rechtfertigen.

Die Psychologie hinter diesem Phänomen ist faszinierend. Es zeigt, wie stark unser Verstand in der Lage ist, uns zu täuschen und uns dazu zu bringen, an Dinge zu glauben, die nicht der Realität entsprechen. Diese Täuschungen können tief verwurzelt sein und sich über lange Zeit hinweg halten, selbst wenn sie auf rationaler Ebene widerlegt werden können.

In Bezug auf den Fußball zeigt sich diese Tendenz besonders deutlich in der Art und Weise, wie Spieler, Trainer und sogar Zuschauer oft das Gefühl haben, dass der Kontakt mit dem Ball eine Art moralische Legitimität verleiht. Es ist, als ob der Ball selbst eine Art Schiedsrichter wäre, der über die Gültigkeit einer Handlung entscheidet.

Doch in Wahrheit ist der Ball nur ein Objekt, das durch die Luft fliegt oder über den Rasen rollt. Er hat keine moralische Autorität und kann nicht über die Regeln des Spiels entscheiden. Diese liegen allein in der Verantwortung der Schiedsrichter und müssen unabhängig von der Präsenz des Balls bewertet werden.

Es ist wichtig, diese Unterscheidung klar zu machen und die Beteiligten daran zu erinnern, dass das...

 

"Ball-Gespielt" eine Illusion ist,

die nichts mit den tatsächlichen Regeln des Spiels zu tun hat.

 

Nur indem wir die Realität anerkennen und akzeptieren, können wir ein faires und gerechtes Spiel gewährleisten, das auf klaren und objektiven Kriterien basiert.

Euer Siggi.