Ja, gestern Abend nach dem Pokalspiel spürte ich tatsächlich noch den Weihnachtsbraten in den Knochen. Das erste Pflichtspiel in diesem Jahr und mir hat nicht nur das nasskalte Wetter körperlich zugesetzt sondern auch die fehlende sportliche Betätigung in der Winterpasue
Leichter, temporärer Nieselregen mit Temperaturen gerade über dem Gefrierpunkt und zwei Protagonisten aus der A-Jugend Landesliga, die einiges an "Vergangenheitsbewältigung" in diesem Pokalspiel aufzuarbeiten hatten.
Beide wollen das Pokal-Nachholspiel unbedingt gewinnen, denn der nächste Zuschauermagnet steht für das Pokal 1/8-Finale bereits fest: Die A-Jugend Bundesliga des Ortsansässigen Bundesliga Zweitligisten und man hat in jedem Falle Heimrecht.
So wird also von der ersten Minute an um jeden Meter auf dem Spielfeld gekämpft. Die Jungs gehen gut zur Sache ohne dabei grob oder unsportlich zu werden.
In der 21. Minute dann der - nach meiner Ansicht nach vorentscheidende - Aufreger.
In halb rechter Position, etwa 18m vor dem Tor von den in rot spielenden Gästen entscheide ich auf direkten Freistoß für die in Blau spielenden 68'er. Während also die Gäste von Brechstange Rothausen noch herum lamentieren, schnappt sich die Blaue #11 (Hans Dampf) den Ball und befördert ihn kurzerhand (regel konform) in´s lange Eck.
Mit einem deutlichem Grinsen in meine Richtung läuft die #11 an mir vorbei - dazu aber später mehr.
An dieser Stelle eine kleine Empfehlung: Wenn ein derartiges Tor erzielt wird, möglichst schnell zum Anstoßkreis begeben und schon mal den Karton locker machen. Erfahrungsgemäß sehen die Protagonisten eine derartige Torerzielung nämlich etwas anders als die etwa 100 jubelnden Zuschauer von Rückwärts '68 auf der Tribüne.

Während ich also am Anstoßkreis seelenruhig die 21.Minute und die #11 von Rückwärts '68 als Torschützen notierte kam eine Gruppe vom FC Brechstange wild lamentierend auf mich zugelaufen. #2 der Roten war der vorderste dieser Gruppe, lief gegen den kommentarlos gezückten gelben Karton, worauf der Rest sich trollte.
Einzig der Trainer von Rothausen wurde etwas lauter. War es bisher immer nur die latente Geräuschkulisse aus dessen Coachingzone, die ich geflissentlich überhörte, kam jetzt eine deutliche Ansage. Allerdings war ich gar nicht das Ziel, sondern die eigene Mannschaft, die sich beim Freistoß zu dusselig angestellt hat und sich anschließend noch ´ne unnötige Gelbe abholte. Aha, dachte ich, da kennt offenbar einer die Regeln - aber auch dazu in Folge später mehr.
Ein prominentes Beispiel schneller Freistoßausführung vom 22.04.2018 im Spiel der Borussia aus Mönchengladbach gegen den VfL Wolfsburg
FC Brechstange legte also ´ne Schippe drauf - Rückstand von einem Tor und noch etwa 70 Minuten zu spielen ist schließlich kein Beinbruch. Aber wie das dann so ist, wenn man etwas aggressiver zu Werke geht. Die Anzahl der Unsportlichkeiten häufen sich - meist auf der Seite die mehr Gas gibt.
Auch die Coachingzone der in Rot spielenden Gäste wurde lauter.
Optimierung der Laufwege nennt man das, wenn man den Spielführer diagonal über das Spielfeld schickt um für Ruhe in der Coachingzone zu sorgen. In der 30. Minute war es soweit, das mir Geräuschkulisse aus der Coachingzone der Roten auf den Sack ging und es eine Ermahnung wert war für die der Spielführer von Brechstange (#13 Kai Nesau) erstmalig als Postbote genutzt wurde.
Der nächste auf der Liste war dann die #88 der Gäste (Christoph Smaul). Etwa zehn Minuten nach der Ermahnung des Trainers der Roten gab es das "DFB-Kreuz" unmittelbar vor seiner Coachingzone. Die klare Ansage "wenn ich das nächste mal wegen Dir pfeiffen muss gibts Gelb. Egal für welche Kleinigkeit" war laut genug das sie auch in der nur etwa zehn Meter entfernten Coachingzone vom FC Brechstange zu hören war.
Um so mehr verwunderte mich der Ausraster des Trainers der Gäste in Minute 45. Ich hatte gerade eine Minute Nachspielzeit angekündigt, als die #88 der Roten direkt vor seiner Coachingzone seinen Gegner regelwidrig vom Ball trennte. "Das war doch niemals ein gelbwürdiges Foulspiel," schallte es unüberhörbar über den Platz.
Während ich mich bereits nach dem Spielführer der Roten umsah, fühlte ich mich durch den Trainer der Gäste in meiner Entscheidung für die Verwarnung bestätigt. Konsequent sein bedeutet schließlich, das was man ankündigt auch umzusetzen. Schließlich bestätigte er ja das Foulspiel seines Spielers. [Spoileralarm] Zeit um die Erinnerungslücken der deutlichen Ermahnung seines Spielers aus der 30. Minute zu stopfen würde er ja im laufe des Speils noch bekommen.
Etwa 10-15 Meter war ich von der Coachingzone der Roten entfernt, ignorierte demonstrativ den Lärmpegel in meinem Rücken und zitierte den Spielführer 'Kai Nesau' heran. Erneut durfte dieser eine Ansage in der Coachingzone zu machen. Diesmal aber mit dem Zusatz das das Spiel für seinen Trainer zu ende ist wenn der Spielführer das nächste mal in seine Coachingzone geschickt wird.
Kurz darauf bekam ich einen herrlich dampfenden Pausentee am Platzwarthäuschen. Die Blaue #11 von Heim gesellte sich mit Gesprächsbedarf zu mir: "Nachdem ich Anfang der Saison wegen Meckerns nach einem solchem Freistoßtor Gelb von Dir bekommen habe, dachte ich mir das ich das mal selbst probiere...". Irgendwie sind genau das meine kleinen Highlights, die mich motivieren.
Die zweite Halbzeit begann, wie die Erste endete. 'Brechstange Rothausen' war völlig übermotivert und so gab es bis zur 60. Minute drei Gelbe wegen Foulspiels. Zwei für für die Roten Gäste eine für die blauen '68er, die alle natürlich aus der Coachingzone der Gäste - in entsprechender Lautstärke - kommentiert wurden. Da ich jedoch Laufwege optimiere, dauerte es bis zur 60 Minute bis ich auf diese störende Geräuschquelle reagierte.
"Das war sowas von klar Abseits, das habe ich sogar von hier aus gesehen!" Kommentierte der Trainer vom FC Brechstange die Situation, wobei er etwa 10 Meter im Spielfeld stand. Was das Ganze dann mit dem Können meines Optikers zu tun hat, erschließt sich mir jedoch nicht.
Klar, der Blaue von Heim stand knapp vor der Grundlinie an der rechten Strafraumgrenze deutlich mindestens fünf Meter - aber sowas von - im Abseits, aber der Ball kam ebenso klar von den Roten. Darüber hinaus verdaddelte der Blaue auch noch den überraschenden Ball und bekam ihn nicht einmal unter Kontrolle.
Ich entschied auf Abstoß und suchte nach dem Spielführer der Gäste. Letztmalig in diesem Spiel durfte dieser seine Coachingzone aufsuchen. Diesmal um seinem Trainer mitzuteilen, das er auf der Tribüne eine bessere Übersicht über das Spiel hätte.
Was dann einmal funktioniert.....
In der 64. entscheid ich zentral unmittelbar vor der Strafraumgrenze der Gäste auf direkten Freistoß für die Blauen. Möglicher weise Notbremse? Während ich noch einmal die Situation vor meinem geistigem Auge rekapitulierte nahm mir die Blaue #11 (Hans Dampf) die Entscheidung über Rot wegen Notbremse nachzudenken ab und beförderte die Kugel (erneut regelkonform) in´s leere Tor, wobei der Torwart der Roten lamentierend fast neben ihm stand.
Das rief dann den Co Trainer lautstark auf den Plan, der bis zu diesem Zeitpunkt völlig teilnahmslos in einer Decke eingehüllt in der Ecke des Coachinghäuschens gesessen hatte. Diesen Pflegefall übernahm ich dann aus etwa 20m Entfernung selbst. Deutlich auf dem Platz hörbar wies ich ihn mit unter Nennung seines Namens auf seine Bewährungsauflage hin.
Ob man das so machen soll? Entscheidend ist doch was wirkt und bei uns im Schirikreis herrscht ein reger Austausch unter SR Kollegen über derartige Pflegefälle. Der Trainerkollege auf der Bank ist also in Schiri Kreisen kein Unbekannter. Und so verkrümelte er sich für den Rest des Spiels wieder unter seiner Decke in der Ecke seines Coachinghäuchens.
Der Rest ist schnell erzählt. Die Roten Gäste spielten ab jetzt nur noch mit dem Mund und verlegten die Aktivitäten auf´s Motzen. #88 der Gäste bekam in der 70. die längst fällige Zeitstrafe nach der 2. Gelben und die #11 der Blauen durfte den Hattrick machen indem er den Strafstoß in der 71. gekonnt ins Gehäuse schob. Weil die Spieler vom FC Brechstange nun nur noch völlig bocklos über den Platz liefen, landete das Leder in den letzten 2 Minuten noch weitere zweimal im Netz der Gäste.
Gefühlte Ewigkeiten stand ich nach dem Spiel in der Schiri-Kabine noch unter der wärmenden Dusche und spürte zu Hause jeden Knochen und jeden Muskel. Völlig verkatert, wollte ich heute früh erst gar nicht aufstehen.
Ich bin halt zu alt für solchen Kram...
Aber wie für Roger Murtaugh in Lethal Weapon wird es auch für am nächsten Wochenende ein Lethal Weapon II geben.
Euer Siggi wird halt langsam Alt und pflegt jetzt erstmal seinen Muskelkater.....
Nachtrag: Warum es so wenig über Rückwärts '68 Blaudorf zu berichten gibt? Der Trainer dieser Mannschaft und ich sind mal vor etwa zwei Jahren bei einem Spiel richtig aneinander geraten. Seitdem gehen wir sehr respektvoll miteinander um und pflegen ein sehr gutes, sportliches Verhältnis, bei dem sich auf dem Feld jeder um seinen Job kümmert. Seine Mannschaft ist inzwischen dafür bekannt so gut wie keinen Stress wegen Auseinandersetzungen mit dem SR zu haben und so stehen alle vier Gelben gegen Heim mit der Begründung "Foulspiel" im Spielbericht.