Der empörte Ausruf: "Dafür gibt man doch kein Gelb," war bei uns Vereinsheim dann gleich mehrfach in den ersten Wochen des Neuen Jahres während nahezu jeder Bundesliga-Übertragungen zu hören.
Echauffiert wurde sich dabei über mangelndes Fingerspitzengefühl der Kollegen und viel zu überzogene Anwendung von Disziplinarstrafen.
Zunächst habe ich diese Kommentare gar nicht weiter beachtet bis Schirikamerad Stefan letzten Donnerstag Abend auf einen der Kommentare erwiderte:
"Wieso? Wenn Du ´nen Freistoß ausführst während der Schiri die Mauer stellt, bekommst Du Gelb!"
Das derartige Regel-Bonmots in unserem Vereinsheim kaum eine Geistes erhellende Wirkung haben, ist Stefan und mir schon seit längerem Bekannt. Darum konnte auch der Kommentar Günter wieder einmal eine seiner Fingerspitzenweisheiten zum Besten geben während der Ich-bin-nämlich-auch-Schiri aus der linken Ecke des Vereinsheimes erklärte, das der Kollege Bundesligaschiri sowieso keine Ahnung hätte.
Die nächste Gelbe Karte kommentierte dann unser Altliga Loddar als völlig überzogene Reaktion auf die Emotionen, die wir ja im Fußball so sehr lieben und deshalb erlaubt sein müssen. Natürlich würde er sich auf dem Sportplatz niemals so anschreien lassen, aber er ist ja schließlich nicht der Schiedsrichter.
Das rief dann den Senioren Rudi auf den Plan, der seine Bestellung nach einer weiteren Runde Hopfensaft mit dem Argument "Die Neuen Regeln sind einfach nur ein ganz großer Mist" unterstrich.
Anm. der Redaktion: Der Senioren Rudi hatte ein anderes Wort verwendet, Wir haben uns erlaubt dieses durch durch ein weniger anstößiges aus dem Fäkalvokabular zu ersetzen.
Welche Neuen Regeln eigentlich?
Seit gefühlten Ewigkeiten gibt es -nachzulesen im Regelheft (Regel 12)- einen umfangreichen Katalog zu ahndender Disziplinarvergehen in den Rubriken 'Verwarnungen' und 'Feldverweise', dessen vollständige Darstellung den Rahmen dieses Blogs sprengen würde.
Zur Jahreswende hat der DFB lediglich konkretisiert, das diese Disziplinarmaßnahmen ab sofort auch in der Bundesliga konsequenter umgesetzt werden sollen. Viele der Protagonisten auf den Feld haben nun leider aber nicht verstanden das die "Zeiten des Weglächelns" endgültig vorbei sind.
Hintergrund sind die zunehmenden Ausschreitungen gegenüber Schiedsrichtern. In keiner anderen deutschen Sportart wird sich gegenüber Schiedsrichtern derartig respektlos benommen wie im Fußball. Es hat sich dabei ein Selbstverständnis im deutschen Fußball entwickelt, das man in einer Art und Weise auf den Schiedsrichter losgehen kann, wie es im normalem Leben völlig unüblich ist.
Der Umgang mit Schiedsrichtern hat dabei Formen angenommen, die jetzt von den Verantwortlichen nicht mehr geduldet werden. Innerhalb kürzester Zeit streikten Ende letzten Jahres die Schiedsrichterabteilungen in Berlin, und im Saarland wegen massiver Übergriffe an unseren Kollegen. In Hessen kam es gleich mehrfach zu schweren Körperverletzungen an Schiedsrichtern und auch der Schiedsrichterstreik in Hamburg wegen Körperverletzungen an Schiedsrichtern soll hier nicht unerwähnt bleiben, auch wenn er schon etwas länger her ist.
ARD-Sportschau: Ausschnitte aus der Sendung vom 04.02.2020
'Dä Fisch fängt an´n Kopp an zu stinke' !'
Das es sich hierbei nicht nur um ein reines Amateursportproblem handelt stellte letztes Jahr auch der Kollege Ittrich aus Hamburg fest. In Interviews sowie in einem Artikel der Schiedsrichter Zeitung mahnte Patrick Ittrich den respektlosen Umgang der Fußballprofis gegenüber den Schiedsrichtern an.
Beim DFB hat man inzwischen begriffen, das die Bundesliga das Vorbild des Amateurkickers ist. Da will man die Respektlosigkeiten nun auch nicht mehr sehen.
Leider bleibt es dann auf dem Grantplatz aber nicht nur beim Anschreien, Bedrängen und bei Beleidigungen, sondern es wird - auch mangels Kameras und Ordnungskräften- zusehend handgreiflicher.
Es ist falsch zu behaupten, die Fußball Bundesliga sei Auslöser oder Verursacher der Gewalt auf deutschen Fußballplätzen. Jedoch ist sie ist durch durch ihren Vorbildcharakter und ihre mediale Omnipräsenz ein wesentlicher Teil des Problems.
Gewalt beginnt bereits bei verbaler Gewalt. Dies wird von den Profikickern inzwischen leider nahezu tagtäglich vorgelebt. Deshalb ist es auch zwingend erforderlich, genau an dieser reichweitenstarken Schnittstelle des deutschen Fussball Oberhauses damit zu beginnen, einen neuen Umgang miteinander zu entwickeln.
Kaum hat aber wieder die Saison begonnen geht das Genöhle -obwohl die Verschärfung der Regelauslegung sogar medienwirksam über eine auflagenstarke Boulevardzeitung angekündigt worden ist- schon wieder von vorne los.
Innerhalb von zwei Spieltagen hat man gleich einem gutem Dutzend Profikickern zeigen müssen, das deren Respektlosigkeiten auf dem Fußballplatz nicht mehr geduldet werden. Auch das ein oder andere "HB-Männchen" in der Coachingzone wurde dabei durch konsequentes zeigen des farbigen Kartons zur Disziplin gerufen.
Und schon wedelt wieder einmal der Schwanz mit dem Hunde. Man pickt sich irgendeine Szene heraus, schneidet sie so zusammen das sie in die Argumentationskette passt und kloppt auf denjenigen herum, der sich am wenigsten wehren kann.
Alex Feuerherds Blogbeitrag "Kritisiert nicht Stieler, sondern Pléa!" in Collinas Erben übt hier auch, nicht ganz unberechtigte, Medienschelte und bringt es wieder einmal auf den Punkt.
[...] andererseits hat es die Spielräume für die Spieler arg groß werden lassen und deren Erwartungshaltung befördert, in aller Regel ungestraft davonzukommen, wenn sie eine Entscheidung des Referees mit Worten, Gesten oder ihrem Verhalten ablehnen.
Wenn der Schwanz mal wieder mit dem Hund wedelt.
Allen voran die üblichen Meckerköppe und selbsternannten Experten fangen bereits wieder an, die Schuld und die Ursache beim Schiedsrichter zu suchen, wenn der vermeintliche Vorzeigeathlet seine emotionalen Entgleisungen wieder einmal am Schiedsrichter auslassen darf. Dabei wird das Wort "Emotionen" als Totschlags-Argument verwendet, welches inzwischen für alles was an Entgleisungen auf dem Grantacker oder im Stadion passiert herhalten muss.
Ruhig und stoisch muss der Schiedsrichter Situationen mit Fingerspitzengefühl handhaben, während er öffentlich zur Schlachtbank geführt wird und alle Emotionen der heißgeliebten Sportmillionäre über sich ergehen lässt.
sport1 Doppelpass, Ausschnitte aus der Sendung vom 02.Februar 2020
Irgendetwas läuft immer noch falsch denkt sich der Siggi gerade. Da hat man sich gerade darauf geeinigt das die Kollegen Profisportler mit gutem Beispiel vorangehen sollen und schon wollen sie wieder Ausnahmen haben weil die Profikicker der Bundesliga ihre Emotionen nicht im Griff haben.
Denkt mal dran. Der Siggi und seine Kollegen sind es, die sich jedes Wochenende anhören müssen was in der Bundesliga (nicht) gepfiffen wird. Der Siggi und seine Kollegen haben es satt, ständig auf dem Platz angeschrien und bedrängt zu werden. Der Siggi und seine Kollegen haben es satt jedes Wochenende dem Doppelpack aus der Kategorie Türsteher gegenüber zu treten und bevor man den Roten Karton zückt nochmal darüber nachzudenken ob die gerade abgeschlossene Dentalversicherung auch Schäden durch Emotionen abdeckt.
Der Siggi hat beschlossen, nicht mehr Wegzulächeln sondern Solidarität zu zeigen. In diesem Sinne liebe Kollegen der Bundesliga: Bleibt Standhaft!
Euer Siggi.